Hallo,
die Frage ist natürlich schon öfters vorgefallen, schauen wir uns das Ganze mal sachlich an. Russland ist aktuell auf "Kriegswirtschaft" und hatte - den großen Vorteil, auf zehntausende Panzer aus Sowjetbeständen zurückgreifen zu können. Ein guter Teil davon stand zwar Jahre im Regen und rostet fröhlich vor sich hin, aber da Russland traditionsgemäß wenig Rücksicht auf die eigenen Leute nimmt, gemäß dem "Wir sind viele" Motto, hat man einen Teil davon zum laufen gebracht.
Prinzipiell hätte auch die alte "Quantität ist eine Qualität für sich" Methode von Stalin funktioniert - die Ukraine war zwar besser, als bei der Invasion der Krim, aber eben militärisch klar unterlegen. Der "Kleckerstrom" an Natowaffen, der nach dem überraschenden Defensiverfolg beim ersten Blitzkrieg langsam begann, inklusive kriegsentscheidender 5.000 Helme, hat die Invasion dann zu einem langen, zähen, blutigen Abnutzungskrieg gemacht. Wir haben alle gelernt, dass die russische Armee rückständig, schlecht ausgebildet ist und uns ein bisschen geschämt, vor den bösen Sowjets drei Generationen in Angst gelebt zu haben. Oder sagen wir, die letzte Generation nach dem Zerfall der Sowjetunion.
So, aktuell sieht es so aus, dass Russland eine Panzerfabrik, nämlich die in Uralvagonzavod besitzt. Die stellt ungefähr 20 Panzer im Monat her - mit dem Problem, dass die modernen Bauteile, also z.B Computer oder Elektronik und all die hübschen Sachen, früher aus Europa kamen. Genau wie Computerchips. Russland hat nun die beiden Optionen, chinesische minderwertige Qualität nachzukaufen - was dann dazu führt, dass in Kombination mit der russischen Faulheit zur Wartung und der "Wenns nich kaputt ist, muss ich nichts tun" das ganze nicht gut funktioniert. Zum Vergleich, ein europäisches Fahrzeug wird alle paar Wochen bewegt, damit die Räder nicht einseitig belastet werden, in Russland stehen sie Jahr(zehnte) rum. Dann noch eine Priese Korruption, und billigste chinesische Reifen anstatt bessere Qualität - und man hat sehr viele Fahrzeuge, die liegenbleiben. Natürlich kann Russland seine mangelnden Produktionskapazitäten dadurch ausgleichen, dass es vom Schrottplatz äh Bereitstellungsplätzen (die alle Satellitenüberwacht werden, wir sehen also, was sie haben und was fehlt) kommen. Oder eben, wie vor kurzem, dass ein russisches Filmstudio eine Reihe Panzer von 1950 "bereitstellt" die dann nicht mehr in Kriegsfilmen, sondern im echten Krieg kämpfen.
Ein schweizer Militärökonom hat es sehr schön beschrieben: "Wir sehen hier eine Armee des frühen 21. Jahrhunderts, die Ukraine gegen eine Armee des mittleren zwanzigsten Jahrhunderts, Russland, antreten."
Russland ist aus drei Dingen noch im Krieg. Seine gewaltigen, über ein halbes Jahrhundert angehäuften Reserven an Panzern und Material, seine menschenverachtende Sorglosigkeit für die eigenen Truppen, und die schlichte Notwendigkeit, dass sie längst über den Punkt hinaus sind, wo sie noch aufgeben können. Würde Morgen Frieden herrschen, würde Russland implodieren - sie haben 750.000 Männer verloren, tot oder schwer verwundet, die in der Wirtschaft fehlen - deswegen suchen sie auch händeringend Söldner und eben 20.000 Dollar-Kanonenfutter aus Nordkorea - so viel ist nämlich ein Nordkoreaner wert für Russland. Dass die Nordkoreaner noch schlechter ausgebildet sind, als die Russen, ist da fast zweitrangig.
Kann Russland also die Nato angreifen, während sie schon hart strampeln und die Ukraine nicht besiegen, die zweit- und drittklassige "Reste" aus Europa und den USA bekommt? Machen wir uns klar: Russland hat seine "besten" Truppen bereits verbraucht. Es schickt Wehrpflichtige und Söldner nach, die Lücken füllen. Jeden Tag verlieren über 1000, einige sagen sogar 1200 oder mehr Russen ihr Leben. Nach kommen die, die vom Geld gelockt wurden und im besten Fall ein paar Wochen Training hatten. Das Kriegsmaterial, das sie bekommen, wird immer schlechter und älter.
Aber was nun? Russland kämpft nun auf Zeit und opfert alles, was es hat in einem finalen Angriff, und hofft, das Trump die Unterstützung für die Ukraine herunterfährt und möchte noch möglichst viel "Beute" machen. Allen ist klar, dass jeder Waffenstillstand nur so lange existiert, wie sich Russland stark genug fühlt, nochmal zuzuschlagen. Russland spekuliert darauf, dass die Europäer fett und reich und kriegsunwillig sind - und damit hat es tatsächlich gar nicht so Unrecht. Aktuell jammern wir schon über hohe Gas- und Ölpreise, oder teures Sonnenblumenöl. Die Russen sind hier sehr viel schlechtere Lebensbedingungen gewöhnt, das was wir als "armut" sehen, ist für Russland "wohlhabende Mittelschicht." In Russland existieren Dörfer ohne Strom, Gas, Straßen und Kanalisation, und die Männer, die von dort eingezogen werden, wundern sich über "Innentoiletten" in der Ukraine - weil sie das eben nicht kennen, sondern aufs "Häuschen" gehen, wie ihre Eltern, Großeltern und Vorfahren. Wer glaubt, dass Russland überall aussieht, wie Moskau oder St. Petersburg, der irrt gewaltig.
Kann Russland also die Nato angreifen? Nein. Ein regulärer Krieg ist, vor allem nach den aktuellen Verlusten, einfach nur Selbstmord. Russland weiß das auch. Die einzige Option wäre es, die Nato vorher politisch zu zerschlagen. Das wäre z.B. möglich, indem man in Finnland einrückt, in irgendein Stück unbesiedelte Wildernis, warum auch immer. Reagiert die Nato, ist man das Opfer, weil "irgendein doofer Offizier die Karte nicht gelesen hat" und man steht zerknrischt da. Reagiert die Nato nicht, müssen sich alle Mitglieder die Frage stellen, ob die Nato sie überhaupt im Zweifelsfalle verteidigt - damit wäre das Prinzip der Nato in Frage gestellt und Putin könnte sich "Häppchen für Häppchen" schnappen und wir würden uns die Frage stellen: "Wollen wir in einen Krieg ziehen für Estland oder Lettland?" Für ein paar Grenzdörfer und ein paar Kilometer Ackerland?
Die Aufrüstung in Polen, die Polen selber sind nämlich nicht bereit, die Besatzung durch Russland nochmal zu erleben, sagt uns aber einiges: Polen will seine Unabhängigkeit bewahren, und das um jeden Preis. Im Angesicht von russischen Gräuel und Verbrechen, absolut verständlich - vor allem, weil wir ja mittlerweile gelernt haben, dass auch eine Atommacht besiegt werden kann.
Kurzum: Russland ist in der Zwickmühle. Es ist auf voller Kriegsführung gegen "den bösen, satanistischen Westen", ohne dass dieser mehr tut, als Überschuss und Reste zu liefern. Aufhören kann es nicht, dafür steckt es zu tief drin und hat bereits zu viel geopfert. Selbst jetzt wäre die Frage, ob es Krim, Donbass und ein paar Städte im Osten wert sind, dafür eine dreiviertel Million Männer zu opfern und sich selber zu ruinieren. Ökonomen gehen von 10,15,20 Jahren aus, bevor Russland militärisch wieder so stark ist, wie vor dem Krieg. Und selbst wenn sie ihre Zahl an "Stealth-Jägern" verdoppeln, also 40 davon aufbieten, ist das immer noch weniger als die 1000 F-35 der USA. Dazu noch die Zerstörung des "Bestes Luftverteidigungssystem der Welt" der russischen S-400 Luftabwehr, und abgeschossenen "Kinshal" Hyperschallraketen, hat Russland eigentlich nichts, womit es drohen könnte. Außer der Atombombe, die es selbst zerstört.
Die größte Gefahr für uns alle ist tatsächlich die Atombombe Russlands - aber eben dann, wenn Russland zusammenbricht und die Bomben meistbietend verkauft werden, damit das Licht nicht ausgeht.