Kennst du Patienten die Suizid begangen haben ...und wie bist du damit umgegangen?
2 Antworten
Ich kenne in meinen fast 12 Jahren Akutpsychiatrie nur wenige Patienten, die Suizid begangen haben. Da ich auf einer offenen Station gearbeitet habe, sind die Patienten dort natürlich freiwillig. Daher haben das insgesamt auf die Jahre gerechnet vielleicht nur eine Hand voll getan. Was nach dem Klinikaufenthalt passiert ist, weiß ich natürlich nicht, denn wenn die Behandlung beendet ist, habe ich keinen Kontakt mehr zu den Patienten. Eine einzige Patientin hat sich in dieser Zeit direkt auf Station suizidiert, die Anderen während eines Ausgangs. Eine meiner langjährigen Patienten hat sich während der ambulanten Behandlung suizidiert, während ich im Urlaub war.
Natürlich beschäftigt man sich damit auch selbst, ob man vielleicht nicht hätte mehr machen können. Aber da im klinischen Umfeld die Verantwortung auf ein ganzes Team aufgeteilt ist und niemand allein "Schuld" hat, fällt der Umgang damit insgesamt leichter. Was mir persönlich gut geholfen hat, sind Gespräche mit den Kollegen, die den Patienten ja meistens genauso gut gekannt haben. Grundsätzlich ist auch Vorbereitung sehr wichtig - man muss sich immer bewusst sein, dass sowas passieren kann und theoretisch muss man bei jedem Patienten in der Akutpsychiatrie damit rechnen, dass sowas eines Tages kommen könnte. Deswegen arbeite ich schon immer mit einer persönlichen Distanz mit den Patienten, was nicht heißt, dass sie mir egal wären, im Gegenteil! Aber ich arbeite hier beruflich und das hat nichts mit mir privat zu tun und sollte nie Einfluss nehmen, das war immer mein Mantra.
Nein, natürlich ist es nicht sinnvoll und das weiß auch jeder im Team. Dennoch kann man so Gedanken manchmal auch nicht einfach abstellen, ist einfach der "menschliche Faktor".
Wie viele Patienten behandelst du denn in etwa? Ich habe da gerade andere Zahlen vor Augen als deine Antwort suggeriert.
die Situation beschreibt meine Zeit in der Akutpsychiatrie: unsere Station hatte 20 Betten mit einer durchschnittlichen Verweildauer von ca. 4-8 Wochen pro Patient.
Okay, das ist dann ne Menge auf 12 Jahre. Gut 2080 Patienten dürften das gewesen sein.
Im Privatleben hab ich genug davon, ohne sie als Mitpatienten o.ä. zu kennen.
Es verlâuft meist in ähnlichen Strukturen. Man hat was gemerkt, fragt nach, die Antwort lautet Nein. Und dann? Kommt die bittere Nachricht. Es fühlt sich an wie weggerissen, anders als bei einem Todesfall durch eine Krankheit.
Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass kein Mensch einen Menschen aufhalten kann, wenn er wirklich Suizid begehen will.
Ist / wäre eine Schuld Zuweisung denn überhaupt sinnvoll oder richtig? Schlussendlich ist es ja jeder für sein eigenes Leben verantwortlich